歌德诗歌《迷娘曲》楚宜译(中德双语)

迷娘曲
歌德
一
你可知,柠檬花开的地方,
深色树叶里金橙闪光,
蓝天送来一缕和风,
桃金娘不语,月桂高耸?
或许你知道这地方?前往!
我愿同你,
我的爱人啊,前往。
你可知那座房子?圆柱撑着屋顶,
厅堂辉煌,房间透着微光,
大理石立像将我凝望:
可怜的孩子,你怎么样?
或许你知道答案?前往!
我愿同你,
我的恩人啊,前往。
你可知那山和云中小径?
骡子在雾里寻路,
洞里住着龙的古老苗裔;
山岩坠落,潮水冲刷而过。
或许你知道这潮水?前往!
它指引我们的方向!
父亲啊,让我们前往!
二
只有懂相思的人
明白,我的苦痛!
形单影只,失去
一切欢乐
我仰望穹苍
那个方向。
爱我知我的人啊,
他在远方。
我晕眩,五脏
火烧火燎。
只有懂相思的人
明白,我的苦痛!
三
别让我讲,让我沉默,
保守秘密是我的责任;
我想对你吐露心曲,
只是命运不乐意。
时候到了,太阳自会
驱散黑夜,把天空照亮;
坚硬的岩石敞开怀抱,
慷慨将深藏的泉水献给大地。
世人在朋友怀里寻找安宁,
在那里倾吐胸中块垒;
只是誓言迫使我不语,
惟有神能让我开口。
四
让我这副打扮,直到死亡,
别脱下我的白裙!
我从美丽的尘寰
奔向那间安稳小室。
在里面享受片刻宁静,
然后睁开清明的双眼;
我留下纯洁的面纱,
还有腰带和花环。
天上的众神
他们不问男女,
也不用衣服和褶裥,
包裹神圣的躯体。
不曾操劳生计,
却尝遍痛苦深沉。
忧愁使我早衰;
青春快归来永驻。
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Mignon
Johann Wolfgang von Goethe
1
Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn, Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn, Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht, Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht? Kennst du es wohl? Dahin! Dahin möcht' ich mit dir, O mein Geliebter, ziehn.
Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach, Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach, Und Marmorbilder stehn und sehn mich an: Was hat man dir, du armes Kind, getan? Kennst du es wohl? Dahin! Dahin möcht' ich mit dir, O mein Beschützer, ziehn.
Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg? Das Maultier such im Nebel seinen Weg, In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut; Es stürzt der Fels und über ihn die Flut. Kennst du ihn wohl? Dahin! Dahin geht unser Weg! O Vater, laß uns ziehn!
2
Nur wer die Sehnsucht kennt Weiß, was ich leide! Allein und abgetrennt Von aller Freude Seh ich an's Firmament Nach jener Seite. Ach der mich liebt und kennt, Ist in der Weite. Es schwindelt mir, es brennt Mein Eingeweide. Nur wer die Sehnsucht kennt Weiß, was ich leide!
3
Heiß mich nicht reden, heiß mich schweigen, Denn mein Geheimniß ist mir Pflicht; Ich möchte dir mein ganzes Innre zeigen, Allein das Schicksal will es nicht.
Zur rechten Zeit vertreibt der Sonne Lauf Die finstre Nacht, und sie muß sich erhellen; Der harte Fels schließt seinen Busen auf, Mißgönnt der Erde nicht die tiefverborgnen Quellen.
Ein jeder sucht im Arm des Freundes Ruh, Dort kann die Brust in Klagen sich ergießen; Allein ein Schwur drückt mir die Lippen zu Und nur ein Gott vermag sie aufzuschließen.
4
So laßt mich scheinen, bis ich werde, Zieht mir das weiße Kleid nicht aus! Ich eile von der schönen Erde Hinab in jenes feste Haus.
Dort ruh' ich eine kleine Stille, Dann öffnet sich der frische Blick; Ich lasse dann die reine Hülle, Den Gürtel und den Kranz zurück.
Und jene himmlischen Gestalten Sie fragen nicht nach Mann und Weib, Und keine Kleider, keine Falten Umgeben den verklärten Leib.
Zwar lebt' ich ohne Sorg und Mühe, Doch fühlt' ich tiefen Schmerz genug. Vor Kummer altert' ich zu frühe; Macht mich auf ewig wieder jung.